Der Charakter der traditionellen afrikanischen Musik wurde von der Tonsprache beeinflusst. Die Bedeutung von Wörtern in den afrikanischen Sprachen hängt von der Tonhöhe ab. Dieses Prinzip wurde auf die Musik übertragen.
Tanz und Musik – unzertrennbar verflochten
Die Verbundenheit von Tanz und Musik ist in der afrikanischen Musiktradition stärker ausgeprägt als in anderen Kulturen. Dieser Umstand zeigt sich auch wiederum im afrikanischen Sprachgebrauch. Viele der Sprachen fassen Tanz und Musik in einem Wort zusammen.
Die Musik hat die Aufgabe, die Gemeinschaft zu pflegen. Die gemeinschaftlichen, musikalischen Zusammenkünfte werden begleitet von Ritualen, dem Erzählen von Geschichten und dem Tragen von traditionellen Masken. Normalerweise wählen die Trommler die Rhythmen nicht spontan aus. Im Gegenteil – die Musik orientiert sich an der Art des Ritus oder der Festlichkeit. Viele Trommler experimentieren aber mit leichten Abwandlungen, um die Musik der jeweiligen Geschichte oder dem Auftritt anzupassen. Vollkommen willkürliche und unpassende Musikanlagen hingegen empfinden viele der traditionellen Gemeinschaften als unangemessen. Kompromisslos ist man auch bei der Wahl des Musikers: Erkrankt oder verreist derjenige Musiker, der für die Durchführung eines bestimmten Ritus bestimmt ist, wird man das ganze Fest auf einen anderen Termin verlegen.
Spiritualität und Rhythmus
Die Zusammenkünfte leben auch von dem Bestreben nach kollektiver Trance. Mithilfe der mehrmalige Wiederholungen bestimmter Abschnitte eines Liedes begeben sich die Teilnehmer in einen gemeinsamen tranceähnlichen Geisteszustand. Bei diesen fragmentären Wiederholungen spricht man im Fachjargon von Patterns. Das repetitive Muster soll den Beteiligten helfen, die Musik auf einer tieferen Ebene zu begreifen. Das Herz der afrikanischen Musik ist ihr Schwerpunkt auf dem emotionalen Ausdruck und die gelebte Naturverbundenheit. In vielen Musikstücken werden Naturgeräusche und Tiergeräusche nachgeahmt. Charakteristisch für Westafrika sind komplizierte Perkussionsrhythmen, wobei teilweise verschiedene Rhythmen ineinander fließen oder gegen sich selbst versetzt gespielt werden. Der Rhythmus ist so ein wesentliches und unersetzbares Element der afrikanischen Musik, dass es für ihn in vielen Sprachen keinen Ausdruck gibt. Quasi ist er das Fundament jeglicher Musik und kann nicht weggedacht werden.
Musik als Verbindungsstück verschiedener Kulturen
Obwohl die Musik eine ausdrückliche Traditionsverbundenheit aufweist, findet man zahlreiche, transkulturelle Vermischungen zwischen den verschiedenen lokalen Stilen. Zwei Stilrichtungen, die sich für ungeübte Hörer gut unterscheiden lassen, sind die der südafrikanischen beziehungsweise zentralafrikanischen Regionen und die der nordafrikanischen, islamisch geprägten Region. Musikvorstellungen in Nordafrika warten mit Orchestern auf, die an die alt-ägyptische Kultur mit ihren Instrumenten angelehnt sind.
Zu den traditionellen Musikinstrumenten gehören Harfen, Leiern, Sanduhrtrommeln, Reibtrommeln, Rasseln, Naturhörner und Naturtrompeten.
Die Expansion der afrikanischen Musik
Der Sklavenhandel hatte zur Folge, dass sich die afrikanische Musik in Nordamerika und Südamerika ausbreitete. Die brasilianische und die kubanische Musik wurden in ihrer Entwicklung wesentlich von ihr beeinflusst. Heutzutage, wo je nach Musikgenre eine Vielzahl an elektronischen Elementen in die Musik einfließen, ist die Nachfrage nach unverfälschten Klängen wieder groß. Westafrikanische Musik steht gerade in Europa deshalb hoch im Kurs.